Reisebericht Kenia Tansania


JAMBO!


Von Bärbel Hartan / September 2004


Ich bin wieder zu Hause. Seit einigen Wochen bereits habe ich Afrika hinter mir gelassen und bin in die heimischen Gefilde zurückgekehrt. Natürlich ist mein Kopf noch voller exotischer Bilder und die Erlebnisse sind mir noch ganz nah. Vom Fotolabor kamen fünf (!) Päckchen mit jeweils 4-5 Filmen zurück mit meinen Bildern. Zum Glück hat dieses Mal alles geklappt mit dem Fotografieren, Als ich von Nepal zurück kam, hatte ja mein Apparat gestreikt und ich bekam lauter leere Filme vom Entwicklungslabor zurück, dieses Trauma sitzt noch tief!

Mit der Gruppe der Mitreisenden hatten wir ausgesprochenes Glück. Kein wirklicher Blödmann dabei, alle waren diszipliniert und bereit bei den nötigen Handgriffen beim Auf und Abbau sowie beim Kochen mitzuhelfen. Wenn es hieß um 8 Uhr sei Abfahrt waren wir meist schon vor 8 fertig. Natürlich gab es auch ein paar Leute über die man lästern konnte, sonst wäre es ja langweilig gewesen. So den "Handschuh-Mann", der (Lehrer von Beruf!) zwar beim Auf und Abbau immer half, aber nie ohne seine Voll-Lederhandschuhe, enn ansonsten hätten die zarten Hände vielleicht gelitten! Und dann gab es noch die Nichtesser und Nicht-Trinker, die in keiner Mittagspause und an keinem Abend was zu sich nahmen wenn es was kostete! Man erfuhr später aus sicherer gut unterrichteter Quelle, sie hätten für die Reise ganze 20 Dollar umgetauscht, wovon 12 am Schluss übrig waren und wieder zurück getauscht wurden. Zwei alte Damen, 82 und 77 Jahre alt (die "Margas", da beide Margarethe hießen) waren oberhart im Nehmen. Nie geschwächelt, immer dabei, immer ordentlich angezogen, guter Laune und beinhart, ob beim tagelangen campen vor dem Massai Dorf oder bei stundenlangen Jeep Fahrten. Zu erwähnen wäre auch noch Sebastian, ein mehrfach behinderter Mann, der trotz sämtlicher Handicaps niemandem wirklich zur Last fiel und diese Reise tatsächlich allein bewältigte. Dabei stand doch im Programm es sei nur was für ausgesprochen fitte Leute.... Apropos Fitness!

Einen der Höhepunkte haben sogar wir ausgelassen, die Kilimanjaro Wanderung. Davor haben wir uns gedrückt. Es hat sich natürlich "nur" um eine Wanderung von 20 km gehandelt bis zur ersten Schutzhütte, davon die Hälfte bergauf, wofür drei Stunden veranschlagt waren. Also ich finde 3 Stunden schon für "geradeaus auf einer Ebene" gerechtfertigt, obwohl ich nun durch meine Hundespaziergänge das Laufen schon einigermaßen gewohnt bin. Aber Nicole, Andrea, Chris und ich hielten einen Ausruh-Tag am Swimming Pool des Hotels (der allerdings eiskalt war) für angemessen und wir ließen die anderen marschieren. Übrigens ging überhaupt nur die Hälfte unserer Reisegruppe mit auf diesen Marsch. Wir fuhren mit dem Bus mit bis zum Eingang der Wanderwege und von dort aus liefen wir zurück zum Hotel. Das waren auch schon ein paar Kilometer mit stetem Blick auf die urwaldmäßige Vegetation, zwischen Kaffeebüschen und Bananenpalmen hindurch. Sehr schön. Wir hatten noch ein sehr schönes Erlebnis, weil ein Bauer uns seine Anpflanzungen zeigte und seine Kinder waren allerliebst und boten absolut überzeugende Foto-Motive mit den Armen voller Grünfutter für die Schafe und Kühe hinter dem Haus. Da bin ich ja schon mittendrin im erzählen, dabei wollte ich doch am Anfang beginnen!

Begonnen hat unsere Reise mit einem Flug von Frankfurt nach Dubai. Dort hatten wir eine Zwischenlandung und wechselten den Flieger der Emirates Airlines. Dubai ist vielleicht ein irrer Flughafen. Man merkt gleich, dass hier das Geld zu hause ist. Spiegelnde Fliesen durch die ganzen Riesenhallen, ein riesenhaftes Pferdegemälde an der Wand, glitzernde Kronleuchter, viele Verkaufsstände mit Schmuck und Uhren, Gold, Glas, glänzender Stahl.... Glitzer, Blend und Schimmer! Wir hatten leider kaum Zeit uns hier groß umzusehen, denn es ging gleich weiter. Nach den ersten 6 Std. Flug nochmal 5 bis wir dann in Nairobi landeten. Von hier aus brachten uns drei Kleinbusse zu unserem Bus. Oh was war er beeindruckend, unser Expeditionsbus, ausgestattet mit drei Achsen, Allrad-Antrieb, 22 Tonnen Gewicht und weit über 300 PS. Da stand er leuchtend rot und wartete auf uns.

Gleich am nächsten Tag ging es Richtung Samburu Nationalpark. Hier besuchten wir ein Samburu Dorf mit sehr "emanzipierten" Frauen. Sie haben nämlich unter der Leitung von der resoluten "Rebecca" ein Frauen-Projekt gestartet. Alle, die mit ihren Männer nicht mehr einverstanden sind, bzw. von ihnen schlecht behandelt werden, kommen mit ihren Kindern hierher und leben von den Ehemännern getrennt. Das wäre ja nun nicht so was furchtbar besonderes, wenn es sich nicht um ein "Eingeborenen-Dorf" handelte, wo Traditionen einen Riesen-Stellenwert haben (und wo z.B. auch junge Mädchen noch beschnitten werden). Sie haben eine Vor-Schule aufgebaut (wie bei uns vor 50 Jahren - mit maroden Holzbänken und einem von Hand aufgemalten ABC an der Wand) und sich den Touristen geöffnet, um an etwas Geld zu kommen. Sie verkaufen ihren Perlen-Ketten-Schmuck oder kleine handgeschnitzte Figuren, zeigen ihre Hütten (aus ein paar Holz-Stangen, Lehm und Kuh-Dung gebaut) und begrüßen Besucher mit Gesang und Tanz. Zwei, drei Vorzeige-Männer haben sie auch. Der eine führt Schmiede-Arbeiten vor, die anderen machen Feuer wie in der Steinzeit mit Hilfe von Holzstöckchen, die durch Reibung Funken erzeugen. Diese Funken fliegen dann in bereit gelegten Esels- oder Elefantendung, der reich ist an Faserstoffen, und daher gut Feuer fängt. Das ist alles gar nicht so eklig, wie man sich das vorstellt, denn alles ist knochentrocken und die Elefantenknödel lassen sich geruchlos zerbröseln wie gepresstes Heu.

Man merkt es schon, meine Weltsicht ist wieder verändert. Wo man bei uns nur iiih und bääh sagt, das gehört woanders zum Leben und zu den täglichen Dingen, die man einfach braucht. Übrigens war es bei dieser Reise auch nicht angebracht, zu ete-petete zu sein, denn mitunter konnten wir uns drei Tage lang nur mit tröpfchenweise Wasser aus dem Kanister waschen und staubig war man eigentlich ständig. Konnte man sich mal wieder ordentlich die Hände waschen fühlte man sich schon halb geduscht! Aber was haben wir nicht alles erlebt! Wie nah und toll haben wir die Tiere gesehen. Gleich in Samburu fing es mit den Elefantenherden an. Direkt vor und neben dem Bus hielten sie sich auf, Herden von Kühen mit ihren Babies und den Halbwüchsigen. Da standen sie und rupften das gelbe Savannengras ab oder rissen sich Äste von den Bäumen. Nicole trieb der Anblick der grauen Riesen die Tränen der Rührung in die Augen. Durch die Jeeps ließen sie sich überhaupt nicht stören. Sie kennen das, und wissen, dass ihnen hier keine Gefahr droht. Auch die sonst so scheuen Antilopen, die winzigen Dik-Diks, Erdhörnchen und die schicken Perlhühner konnten wir gut beobachten. Zu den Höhepunkten gehörten die Netzgiraffen, von denen ich mit dem Tele Gesichts-Nahaufnahmen machen konnte! Auch die ansonsten sehr seltenen Grevy-Zebras mit den dicken Puschel-Ohren (viel enger und feiner gestreift als ihre Verwandten) bekamen wir zu Gesicht, das Gerenuk (die Giraffen-Gazelle) und eine Herde von 40 dahinziehenden Oryx Antilopen. Eine Ginsterkatze hatte sich in eine Astgabel gekuschelt und zeigte nur ihren elegant gefleckten Rücken. Nun war Samburu zwar das erste aber nicht das einzige Reservat, das wir besuchten. Wir machten uns auf abenteuerlichen Pisten auf in die Masai Mara. Die asphaltierten Straßen hatten bald ein Ende und unser Bus kämpfte sich über die roten Laterit Pisten. Willy, unser Fahrer beherrschte das Fahrzeug (sein "Spielmobil"!) zum Glück hervorragend. Er fürchtete nur den Regen, denn der lässt die Pisten rutschig werden wie Glatteis. In viele Löcher rumpelte der Bus dennoch hinein und wieder heraus - es ging gar nicht anders! Willy zögerte nicht, wenn wir aus der Entfernung einen gelben Rücken (Löwe? Gepard? Oder womöglich Leopard??) in der Savanne auftauchen sahen, flugs abzubiegen und mitten durchs Gelände zu fahren. Es prägte sich der Satz "Wo ein Willy ist, ist auch ein Weg" dauerhaft in unser Gedächtnis ein.

Manchmal machten wir eine Mittagspause mitten in der Dornbusch-Savanne und verschmausten ein kleines Picknick. Die Büsche haben wirklich 5 cm lange gefährliche Dornen und Stacheln (Nicole kann es aus eigener Erfahrung bestätigen und musste einmal "notärztlich" versorgt werden), ungaublich wie sich die Ziegen und die vielen Rinder, die den Massai gehören, hier noch satt fressen können. Einmal war die Straße auf einer Breite von mindestens 30 m einfach weggerissen durch starke Regenfälle. Unser Truck suchte sich eine Ausweich-Route mitten durch den Busch, rumpelte über das Geröll und die Steinbrocken und fuhr auf der anderen Seite schließlich wieder auf die Straße auf. Ich begriff, warum hier Allrad-Antrieb unerlässlich ist.

Ein paar Kilometer kurz vor dem Eingang ins Masai Mara Reservat (das Tor ist nur um Geld abzukassieren - eingezäunt ist hier nichts!) ging dann plötzlich nichts mehr - ein Bolzen in der Hinterachse war gebrochen. Willy und Anne (unsere Reiseleiterin) machten besorgte Gesichter. Wir schleppten uns im Kriechgang noch ein paar Meter weiter bis zum Eingang eines Massai Dorfes. Hier waren nun wir die Attraktion und die jungen Krieger umringten den Bus und schauten unserem Treiben neugierig zu. Anne erklärte unsere Situation und wir durften bleiben, bekamen sogar zwei Krieger als Nachtwache abgestellt, die uns vor den wilden Tieren beschützen sollten. Die ganze Nacht saßen sie vor dem Bus mit ihren Speeren am Feuer und begleiteten jeden (und JEDE), der zum Pipi-machen in die Dunkelheit stapfte. Das mit den "wilden Tieren" ist wirklich kein Scherz, denn wie schon erwähnt, es handelt sich bei den Tierschutz-Gebieten um ein riesiges Gelände, nichts ist eingezäunt und wir hatten bei der Herfahrt schon genügend Zebras und Giraffen direkt neben der Straßen laufen sehen. Und dass die Dörfer mit dichten Dornenhecken umgeben sind, in die das Vieh jeden Abend hineingetrieben wird, hat ja schließlich auch seinen Sinn.

Nun ja, das mit der Reparatur dauerte insgesamt 2 1/2 Tage. Im Handy-Zeitalter ist man selbst mit einem Bolzenbruch in der Masai Mara nicht mehr völlig aufgeschmissen. Ein Mechaniker aus Deutschland kam mit dem Ersatzteil nach Nairobi geflogen, flog weiter mit einer kleinen Maschine in die Masai Mara zu einer Lodge und kam dann mit dem Jeep bis zu unserem Standplatz vor dem Massai Dorf. Während wir mit den Jeeps unterwegs waren und inmitten von Gnu und Zebraherden standen, Geparden mit frisch gerissener Antilope entdeckten oder den Geiern beim "aufräumen" eines Zebra-Fohlen-Kadavers zuschauten, lagen Willy und Detlef (der Mechaniker) in Blaumännern unter dem Bus, bauten die Achse aus und mit viel Muskelschweiß und ein wenig Glück hämmerten sie den neuen Bolzen durch das Loch in der Achse. Das das klappen würde war gar nicht so selbstverständlich, normaler weise benutzt man nämlich dafür Spezial Werkzeuge aus der Daimler Benz Werkstatt! Es war ein Bild für Götter, die arbeitenden Männer mit den Werkzeugen, ein Daimler Servicefahrzeug aus Nairobi und ringsum die Massai, für die wir in dem Moment genauso eine Attraktion waren wie sie für uns! Abends gab es "zum Trost" und zur Erhaltung unserer guten Laune Rotwein "auf Kosten des Hauses". Anne erzählte, dass in früheren Zeiten im Programm noch der Zusatz gestanden hätte, "Bei dieser Reise wird von den Mitreisenden Wagemut und Opferbereitschaft gefordert", und sie oftmals nicht wussten, unter welchem der beiden Punkte die Geschehnisse einzuordnen waren. Wir fühlten uns weder besonders mutig, noch als Opfer, im Gegenteil, wir genossen den unfreiwilligen Aufenthalt, die sich dadurch ergebende Walking Safari mit Aron, dem Charming Boy unter den Massai und das direkte Miterleben des täglichen Ablaufs im Massai Dorf direkt vor unserer Nase. Wir besuchten es natürlich noch kurz vor unserer Weiter-fahrt und "löhnten" einige Schillinge für die Foto-Erlaubnis, und bekamen auch hier alles gezeigt, von der Hütte, über die Tänze und die Wasserstelle bis zum Feuer machen mit Hölzern und Dung.

Mit etwas Verspätung konnten wir unsere Reise fortsetzen. Um das Programm wieder auf die Reihe zu kriegen, ließen wir den Victoria See aus und fuhren direkt in die Serengeti. Hier übernachteten wir auf einem Campingplatz, wo nachts die Hyänen um unseren Bus strichen und schauerlich heulten. Chris hat sie sogar als Schatten herumschleichen sehen, er war mit der Taschenlampe draußen, aber es wurde ihm dann doch etwas mulmig und er kam schnell zurück. In der Serengeti hatten wir das tollste Löwenerlebnis. Willy und Anne kennen schon die Stellen, wo die Löwen öfter anzutreffen sind, und so klapperten wir die Wasserlöcher ab. Am zweiten standen wir gerade unschlüssig herum, als am Rand der Senke zwei gelbe Ohren erschienen, dann noch zwei... und zwei Löwinnen kamen majestätisch und völlig ruhig anmarschiert um zu trinken. Dann tauchten noch mehr auf, und noch einer... und am Ende lagen 6 Löwen und Löwinnen am Wasserloch und tranken ausgiebig, bevor sie sich langsam wieder aufmachten und sich auf die Hügel ringsum verteilten um sich auszuruhen. Eine der Löwinnen hatte einen Sender um den Hals, als dickes Lederband deutlich erkennbar. Wir waren alle total gebannt von diesem Ereignis und die Kameras und Auslöser surrten nur so vor sich hin.

Im Ngorongoro Krater (ein ehemaliger Vulkan) hatten wir dann noch mal den Tierreichtum ganz Afrikas vor Augen. Einen Geparden Riss verpassten wir nur um Minuten. Wir hatten die Geparden Mutter mit ihren drei Jungen schön länger beobachtet, wie sie sich an eine Herde Thompson Gazellen heranschlich. Wieder stand der Jeep direkt vor den Zebras und Gnus, deren einsilbigs "Möh, möh!" uns nun schon vertraut war. In Ngorongoro beeindruckten mich am meisten die "Hippos", die Nilpferde, die sich im Wasser auf den Rücken rollten, den rosa Bauch in die Luft streckten und so liegen blieben - aus reinem Genuss. Man hätte meinen können, es liegen mindestens drei oder vier "Leichen" im Wasser: Bauch nach oben, die Füße leicht abgeknickt, den Kopf unter Wasser. Aber nach gewisser Zeit drehten sich die "Wasserleichen" einmal um sich selber, holten Luft und setzten das Genießen "Bauch oben" fort. Sowas hab ich im Fernsehen noch nie gesehen. Ein absolutes Highlight war auch das Hyänenbaby. Unser Jeep hielt genau vor der unscheinbaren Erdhöhle einer Hyänenfamilie und ein Kleines (ca. 8 Wochen) lag im Eingangsbereich. Auch dieser kleine Frischling ließ sich von unserem Auto (auf Armeslänge entfernt!) nicht im geringsten stören. Er räkelte sich laufend in eine andere Lage und versuchte offensichtlich eine angenehme Schlafposition zu finden. Irgendwann lag er dann platt auf dem Bauch, die Schnauze zwischen den zwei dicken Pfoten, und so kniff er die Augen zusammen. Er erinnerte mich heftig an Jack! Bei der Mittagspause an einem kleinen See, dem einzigen Punkt, wo es erlaubt ist, aus dem Jeep auszusteigen, hatten wir auch nochmal ein Erlebnis der abenteuerlichen Art. Hier treffen sich alle Touristen Jeeps um ein kleines Picknick einzunehmen, bevor es am frühen Nachmittag weiter auf Pirschfahrt geht. Weit entfernt entdeckte ich einen Elefanten, der Kurs nahm auf unseren Picknickplatz. Ach, toll, der kommt sicher bis zum Wasser um zu trinken, dachte ich mir und holte meinen Foto-Apparat. Der "Dicke" hatte aber offensichtlich gar keinen Durst. Er kam immer weiter auf uns zu, marschierte am See vorbei, direkt zu den Jeeps. Die ersten Touris nahmen schon Abstand und flüchteten zu ihren Autos, während ein paar andere (Deppen!) mit dem Fotoapparat auf den Elefanten losstürmten. Das gefiel ihm nun gar nicht, er drehte sich in Richtung der Menschen, stampfte mit den Füßen auf, wedelte mit den Ohren und schlenkerte bedrohlich Kopf und Rüssel. Ich sah auch zu, dass ich ein wenig weiter weg kam, denn die zwischen mir und dem Elefanten liegenden 10 oder 15 (?) Meter kamen mir dann doch plötzlich sehr gering vor! Unsere Reiseleiterin regte sich auf ohne Ende, weil diese Touristen wohl der Meinung waren, sie seien hier im Zirkus, es handelt sich aber doch um astreine Wildtiere, die in keinster Weise "zahm" sind. Man vergißt es nur so leicht, weil sie vor den Autos keine Scheu zeigen. Der Dickhäuter trottete dann weiter unbehelligt seines Wegs und verschwand schließlich (noch immer von blöden Touris mit der Kamera verfolgt) hinter einem Hügel.

Die Abenteuer waren damit aber noch längst nicht zu Ende. Des öfteren bekamen wir einen ordentlichen Adrenalin-Stoss, zum Beispiel bei dem Beinahe Überfall auf Sansibar. Es erwischte eine Touristengruppe nach uns, wir bekamen das Drama aber noch hautnah mit. Wir besuchten gerade eine Gewürzplantage und Kerry, unser einheimischer Führer, hatte uns gezeigt, wie Nelken wachsen, Ingwer, Vanille und vieles andere. Nach einer Teepause standen wir gerade an einer Hütte wo die Gewürze alle verkauft werden um uns einzudecken. Da gab es plötzlich Geschrei und Aufruhr und die Schwarzen liefen durcheinander und bewaffneten sich offensichtlich mit Kokos-Nüssen und Steinen. Ich sah Leute auf dem Bauch am Boden liegen, konnte aber nicht erfassen um was es da ging. Plötzlich hieß es - hopp - schnell alle in den Bus, das ist ein Raub-Überfall. Ein paar bewaffnete Gauner hatten die Gruppe, die nach uns kam geschnappt, sie auf den Boden gezwungen und nahm ihnen Geld, Kameras und Pässe ab. Zwei Männer (!) aus unserer Gruppe drehten ein bisschen hohl... der eine schrie unseren Busfahrer an "GO! GO! GO!" der konnte aber nicht, weil vorne andere Busse standen und den Weg blockierten, der andere wollte, dass wir alle wieder aus dem Bus aussteigen sollten und uns im Busch verteilen und weg rennen! Die Schwarzen (also Führer, Busfahrer, Plantagen-Arbeiter) hatten schon alle ein Handy am Ohr und riefen bei der Polizei an, außerdem verständigten sie sich auf Suaheli, was wir natürlich nicht verstanden. Kurze Zeit später kamen dann die beraubten Touristen zu ihren Bussen, nervlich fertig, aber ansonsten unversehrt. Wir hatten wirklich Glück. Fünf Minuten früher und die Gauner hätten unsere Gruppe erwischt! Sansibar hinterließ aber auch wunderschöne Eindrücke und Erinnerungen. Den bunten Markt mit seinem geschäftigen Treiben, die Pyramiden der Früchte, Jack-Fruit und Sansibar-Apfel, die Menschen in den Gassen, die geschnitzten Holztüren, das Essen im stilvollen "Mercurys" all das werde ich sicher nicht vergessen. Ein absolutes Highlight war das Abendessen direkt am Strand. Unter Palmen, mit Feuer und Musikbegleitung, die Füsse im Sand, den Blick zum Sternenhimmel gerichtet lecker zu speisen, das ist ein Erlebnis, das sich einprägt.

Die Rückfahrt von der Insel wurde dann auch noch zu einem Erlebnis der besonderen Art, und das nicht nur, weil wir nochmal Wale sichteten! Ich bin ohnehin nicht sehr seefest und mir wird schon bei leichtem Geschaukel schlecht. Was die Fähr-Fahrt von Dar-Es-Salaam nach Sansibar anging, hatte ich mir keine Gedanken gemacht. Es war von Express Schnellbooten die Rede gewesen, und da stellte ich mir vor, diese "halbe Stunde" werde ich sicher gut überstehen. Tja, aber die Überfahrt dauerte zwei volle Stunden. Die Hinfahrt verlief ohne besondere Vorkommnisse, wenn man davon absieht, dass längs des Boots Wale auftauchten und uns ihre schimmernden Rücken mit Flossen zeigten, worüber selbst die Besatzung der Fähre ganz außer sich geriet und einen extra Kreis um die Tiere zog. Die Rückfahrt verlief dann eher alptraum-mäßig. Je weiter wir aufs Meer kamen um so heftiger hüpfte und ruckte das Boot, wie ein bockiges Pferd. Die Gischt kam immer heftiger an den Seiten über das Geländer bis wir am Ende regelrecht geduscht waren. Ich traute mich nicht hinein, denn ohne Sicht auf den Horizont (an dem sich meine Augen fest hielten) wäre ich verloren gewesen. Außerdem waren drinnen schon alle am Spucken und die Stewards rannten mit schwarzen Plastiktüten umher. Ich blieb eisern sitzen, ertrug das viele Wasser von oben und meinen bereits nassen Hintern auf der Bank, starrte stur auf die gerade Horizont Linie und versuchte meinen Magen unter Kontrolle zu behalten, was merkwürdiger Weise auch recht gut gelang. Meinem Sohnemann war es gerade recht, er hing mit beiden Armen am Dach des Eingangs zum Innenraum und genoß die 2 stündige Achterbahn-Fahrt. Bis auf ganz wenige zu denen ich auch gehörte, ich konnte mein Glück gar nicht fassen) waren alle weiß oder grün im Gesicht und entledigten sich ihres Mittagessens. Auch diese Fahrt ging vorüber und bis zum Abend hatten sich die meisten aus unserer Reisegruppe soweit erholt, dass sie im Restaurant wieder was zu essen bestellten! Wir blieben noch auf bis um Mitternacht um auf Andreas Geburtstag anzustoßen, es ergab mal wieder ein feucht-fröhliches Selbstauslöserbild voller Urlaubslaune.

Am nächsten Morgen, dem letzten! stellte sich leise Wehmut ein. Alles wurde gepackt, die Koffer bereit gestellt, die Gepäcknetze im Bus ausgeräumt, Plastik Tüten gepackt mit Kleidung und Schuhen, die hier bleiben konnten. Anne und Willy hatten es geschafft, noch einen Videorecorder zu organisieren, und so konnten wir einen Film über unsere soeben zu Ende gehende Reise sehen, den ein früherer Mitreisender gedreht hatte. Es war beinah zuviel, das nochmal alles in Kurzfassung geballt vor Augen geführt zu bekommen. Die (Abschieds-)Tränen saßen locker und rollten schließlich auch irgendwann die Wangen hinunter. Eigentlich ein schönes Zeichen, denn das geht mir immer nur bei besonders schönen Urlauben so!

Ich bin jedenfalls wieder um viele Erfahrungen reicher und habe viele neue wunderschöne Erinnerungen mit nach Hause gebracht. Zebraherden, trinkende Löwen, glutrote Sonnenuntergänge in der Savanne, einen sternen-übersäten Nachthimmel samt Sternschnuppen, die stolzen Massai Krieger, die bunt geschmückten Samburu Frauen, Schirmakazien, die Rinder- und Ziegenherden, die bunten Märkte mit ihren exotischen Früchten, das türkisblaue Meer bei Dar-es-Salaam, das alles wird mir noch lange frisch im Gedächtnis bleiben.

Es ist noch längst nicht alles erzählt. Natürlich war auch der Tag am Baringo-See unvergesslich. Das Füttern der Seeadler mit Fisch, die kleinen Krokodile am Ufer (die größeren Verwandten konnten wir später am Mara Fluss bestaunen), die bunten Drei-Farben-Glanzstare und der Riesen-Termitenhügel direkt neben unserem Übernachtungsplatz. Beeindruckend waren die Nashörner in Nakuru, die kuschligen Wasserböcke und die wunderhübsche Lodge. Überhaupt die Lodges! Traumhafte Anlagen inmitten des Buschs, ein grünes gepflegtes Paradies, bei dem man bleiben möchte. Die erste dieser Luxus-Lodges lernten wir in Samburu kennen, hier genossen wir mittags ein exquisites Buffet und tranken unseren Kaffee sehr stilvoll mit Blick auf den Fluss, der durchaus dicke Nilkrokodile beherbergte, wie wir abends bei der Fütterung mit ansehen konnten.

Bleiben wird auch die Erinnerung an die geschichtsträchtige Olduvai Schlucht, an das sehr hübsch und informativ gestaltete Info-Zentrum in der Serengeti mit den lustigen und gar nicht scheuen Klipp-Schliefern,und an unseren Souvenir Einkauf in Arusha, bei dem Inder, der die geschnitzten Holzfiguren so sorgfältig einpackte. Hier bekam Nicole ihren erträumten "Rafiki", eine Riesen-Holzgiraffe. Auch die Pflanzen Afrikas haben sich eingeprägt, die mächtigen Schirmakazien vor dem tiefblauen Himmel, die dicken Baobabs, teilweise mit Bienenkörben bestückt, der rote Tulpenbaum oder der giftige Satansapfel. Eigentlich könnte man ein Buch drüber schreiben!

Ich brauchte wieder richtig eine Umstellungs-Phase auf zu Haus! Ich hatte geradezu wie Nicole es so treffend bezeichnete den "Kulturschock rückwärts", als ich wieder hier war: täglich duschen, jederzeit Wasser zur Verfügung, asphaltierte Straßen, Supermärkte, die von Waren überquillen - plötzlich schien mir das alles gar nicht mehr selbstverständlich. So war es auch, als ich aus Nepal zurück kam. Man sieht die eigene Welt einfach mit anderen Augen.

Diese neue Sichtweise kennen zu lernen hat auch meinem Christopher sehr gut getan. Er versteht jetzt gut, was man unter der "Gnade der westlichen Geburt" zu verstehen hat, nachdem er gesehen hat, dass in Afrika die Jungen mit Sandalen herumlaufen, die aus alten Autoreifen gemacht sind, und dass Toiletten, sofern überhaupt vorhanden, oftmals nur aus einem Loch im Boden bestehen. Von funktionierenden Warmwasser Duschen mal ganz abgesehen...

Und er hat eine Ahnung davon bekommen, was es bedeutet, um seinen Lebens-unterhalt kämpfen zu müssen. Nicht nur einfach "arbeiten", sondern kämpfen. Es ist eben was anderes, ob man eine Dokumentations-Sendung im TV verfolgt oder selber im Massai Dorf steht, mit den Füßen im Kuh-Dung, mit Schwärmen von Fliegen und der unbarmherzig heißen Sonne.

Chris hat den "Rückwärts-Salto" in die Zivilisation aber schon längst wieder gepackt. Und ich bin auch auf dem besten Wege dazu...

Kwaheri!



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